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Der Verkauf einer Immobilie ist oft ein großer Schritt, besonders dann, wenn der Kredit dafür noch nicht abbezahlt ist. Wer diesen vorzeitig zurückzahlen möchte, stößt schnell auf den Begriff Vorfälligkeitsentschädigung. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Art Ausgleichszahlung an die Bank, wenn Sie Ihren Ratenkredit vor dem vertraglich vereinbarten Ende zurückzahlen wollen. Die Bank verliert dadurch geplante Zinseinnahmen und darf diese Verluste in begrenztem Umfang geltend machen.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, welche Rechte Sie haben und wie Sie bei der Ablösung oder Umschuldung Ihres Kredits am meisten sparen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt an, wenn ein Kredit vor Ende der Zinsbindung vollständig zurückgezahlt wird, um der Bank entgangene Zinsen zu ersetzen.
  • Die Höhe ist gesetzlich gedeckelt: Max. 1 % der Restschuld bei mehr als 12 Monaten Restlaufzeit, 0,5 % bei weniger Restlaufzeit – zusätzliche Gebühren sind unzulässig (BGH 2016).
  • Eine vorzeitige Rückzahlung kann sich trotzdem lohnen, etwa bei hohen Zinssätzen, niedriger Restschuld oder kurzer verbleibender Laufzeit.
  • Eine kostenfreie Kündigung ist in bestimmten Fällen möglich, z. B. durch das Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren (§ 489 BGB), bei variablen Zinsen oder bei formalen Fehlern im Vertrag.
  • Alternativen wie Umschuldung oder Pfandtausch bieten Wege, einen Kredit vorzeitig abzulösen – mit teils deutlichen Zinsvorteilen, besserer Übersicht und geringerer finanzieller Belastung.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Wenn Sie ein Immobiliendarlehen vorzeitig zurückzahlen möchten, weil Sie Ihre Immobilie verkaufen oder eine Umschuldung vornehmen wollen, sollten Sie sich frühzeitig mit dem Thema Vorfälligkeitsentschädigung auseinandersetzen. Diese Zahlung verlangt die Bank, um den Zinsverlust auszugleichen, der durch die vorzeitige Rückzahlung während der Zinsbindungsfrist entsteht. Die Höhe dieser Entschädigung hängt von der Restlaufzeit, dem vereinbarten Zinssatz und der aktuellen Marktlage ab. Auch wenn sie auf den ersten Blick wie eine Strafzahlung wirkt, kann sich eine vorzeitige Rückzahlung unter bestimmten Umständen dennoch lohnen.

Wann wird eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig?

Sobald Sie Ihre Immobilie verkaufen und den Kredit ablösen möchten, prüft Ihre Bank, ob eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Dies ist der Fall, wenn Ihr Darlehen noch innerhalb der Zinsbindung läuft und Sie es vollständig zurückzahlen möchten. Zusätzlich darf kein Sonderkündigungsrecht bestehen.

Die Höhe der Entschädigung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die verbleibende Laufzeit, das aktuelle Zinsniveau und der Zinssatz Ihres Kredits spielen hierbei eine Rolle. Grob gesagt kann die Bank bis zu 1 % der Restschuld verlangen, wenn der Kredit noch mehr als 12 Monate läuft.  Bei einer kürzeren Restlaufzeit sind es maximal 0,5 %.

Das Gleiche passiert bei der sogenannten Umschuldung. Wenn Sie ein bestehendes Immobiliendarlehen durch ein neues, meist günstigeres Darlehen ablösen wollen, also umschulden, geschieht das häufig vor Ablauf der Zinsbindung. Auch in diesem Fall fordert die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung.

So wird die Entschädigung berechnet

Banken ziehen meist zwei Modelle heran. Welches verwendet wird, kommt auf den jeweiligen Vertrag an.

Häufig wird die Aktiv-Passiv-Methode genutzt.  Hier wird berechnet, wie viel Zinsen die Bank noch bekommen hätte und wie viel sie stattdessen durch sichere Anlagen (z. B. Staatsanleihen) verdient. Die Differenz zahlen Sie.

Bei der Aktiv-Aktiv-Methode, welche deutlich seltener verwendet wird, geht die Bank davon aus, dass sie das Geld an einen anderen Kunden verleihen kann. Die Entschädigung ergibt sich aus dem entgangenen Gewinn und einem möglichen Zinsnachteil.

Faktoren für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung:

  • Restlaufzeit
  • Zinssatz Ihres Vertrags
  • aktuelles Zinsniveau
  • offene Kreditsumme
  • Bearbeitungskosten der Bank

Beispielrechnung

Sie haben einen Kredit über 10.000 € aufgenommen, mit einer Laufzeit von 48 Monaten und einem effektiven Jahreszins von 4,99 %. Die monatliche Rate beträgt 229,75 €. Nach 35 Monaten haben Sie den Kredit bereits fast drei Jahre lang abbezahlt und möchten nun vorzeitig den Restbetrag begleichen. Zu diesem Zeitpunkt beträgt Ihre verbleibende Restschuld noch 2.903,29 €. Da noch 13 Monate bis zum regulären Laufzeitende verbleiben, darf die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von maximal 1 % der Restschuld verlangen. Das entspricht in Ihrem Fall 29,03 €. Die Gesamtsumme, die Sie zur vorzeitigen Ablösung überweisen müssten, beträgt damit 2.932,32 €, bestehend aus der Restschuld und der Entschädigung.

Würden Sie den Kredit stattdessen regulär weiterführen, müssten Sie in den verbleibenden 13 Monaten noch 2.986,60 € zahlen. Die Differenz zwischen regulärer Weiterzahlung und vorzeitiger Rückzahlung beträgt somit 54,28 € (2.986,60 € – 2.932,32 €).

Diese Ersparnis ergibt sich daraus, dass Sie sich durch die sofortige Tilgung zukünftige Zinszahlungen ersparen. Zwar fällt dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung an, diese ist jedoch geringer als die verbleibenden Zinskosten.

Lohnt sich ein Immobilienverkauf trotz Entschädigung?

Ob sich ein Immobilienverkauf trotz Vorfälligkeitsentschädigung lohnt, hängt von Ihrer finanziellen Situation ab. Sollte der Immobilienwert steigen, kann der Gewinn aus dem Verkauf die Vorfälligkeitsentschädigung ausgleichen oder übersteigen. Sieht Ihre Situation so aus, dass die Zinsbindungsfrist fast abgelaufen ist, dann fällt die Entschädigung geringer aus oder entfällt ganz. Hier kann es finanziell sinnvoll sein, den Verkauf etwas aufzuschieben.

Berechnen Sie bitte unbedingt, ob der Verkaufserlös ausreicht, um sowohl die Restschuld als auch die Vorfälligkeitsentschädigung vollständig zu decken.

So gehen Sie bei der Ablösung Ihres Kredits vor

Wenn Sie Ihren Kredit ablösen möchten, folgen Sie am besten diesen Schritten:

Schritt 1: Ablösebetrag berechnen lassen
Der Betrag besteht aus der Restschuld und der Vorfälligkeitsentschädigung. Am besten fragen Sie direkt bei der Bank nach.

Schritt 2: Sondertilgungsrechte prüfen
Viele Verträge erlauben kostenfreie Sondertilgungen (z. B. bis 5 oder 10 % pro Jahr). Diese mindern die Restschuld und damit auch die zu zahlende Entschädigung.

Schritt 3: Kreditvertrag kündigen
In der Regel geht das ohne lange Frist. Die maximale Dauer beträgt einen Monat (§ 500 BGB). Am besten schicken Sie die Kündigung schriftlich per Einschreiben.

Schritt 4: Ablösebetrag überweisen
Nach Eingang der Kündigung wird Ihnen eine Frist gesetzt. Überweisen Sie den Betrag auf das angegebene Bankkonto. Danach erhalten Sie eine Bestätigung.

Wann kann man einen Kredit ohne Entschädigung kündigen?

In bestimmten Fällen können Sie das Darlehen kostenfrei vorzeitig kündigen. Das geht dank des Sonderkündigungsrechts nach § 489 BGB.  Das Sonderkündigungsrecht gilt, wenn Ihr Kredit seit mehr als zehn Jahren besteht. Außerdem greift es, wenn die Zinsbindung ausläuft und keine neue Vereinbarung getroffen wurde oder Sie ein Darlehen mit variablem Zinssatz haben. In diesen Situationen können Sie mit bestimmten Fristen kündigen.

Sie haben mehrere Optionen, aus dem Vertrag auszusteigen und das ohne Strafzahlung:

Fehlerhafte Widerrufsbelehrung

Sollte Ihnen bei Vertragsabschluss eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung gegeben worden sein, können Sie auch Jahre später widerrufen. Dann erlischt der Kreditvertrag, samt Entschädigungspflicht.

Unklare oder fehlende Angaben im Vertrag (§ 502 BGB)

Wenn der Vertrag nicht klar genug erklärt, wie die Entschädigung berechnet wird, entfällt der Anspruch der Bank komplett.

Pfandtausch

Besitzen Sie eine zweite, unbelastete Immobilie, können Sie diese eventuell als neue Sicherheit einsetzen. Die Bank muss zustimmen. Der Kredit bleibt bestehen, aber ohne Vorfälligkeit.

Haus verkaufen und Restschuld mit dem Ertrag begleichen

Wenn kein Sonderkündigungsrecht besteht, können Sie die Immobilie verkaufen und das Darlehen mit dem Erlös ablösen. Das lohnt sich nur, wenn der Verkaufspreis sowohl die Restschuld als auch eine mögliche Vorfälligkeitsentschädigung abdeckt. Oft ist es günstiger, mit dem Verkauf bis zum Ende der Zinsbindungsfrist zu warten, dann entfällt die Entschädigung.

In unserem Beitrag Haus verkaufen trotz Kredit erfahren Sie, wie Sie Ihre Immobilie trotz Kredit verkaufen können und worauf Sie unbedingt achten sollten.

Neues Haus kaufen und bestehenden Kredit weiter nutzen

Wenn Sie eine neue Immobilie kaufen und Ihre bestehende Finanzierung behalten möchten, kann die Bank unter bestimmten Voraussetzungen die neue Immobilie als Sicherheit übernehmen. Ist deren Wert gleichwertig oder höher, entfällt meist die Vorfälligkeitsentschädigung. Die Zustimmung der Bank ist dafür zwingend erforderlich. Prüfen Sie aber auch, ob ein neuer Kredit mit besseren Zinskonditionen langfristig günstiger wäre.

Laufendes Darlehen an den neuen Eigentümer übertragen

Beim Immobilienverkauf können Sie den bestehenden Kredit auch auf den Käufer übertragen. So vermeiden Sie die Vorfälligkeitsentschädigung. Voraussetzung ist die Zustimmung der Bank, die die Bonität des Käufers prüft. Auch die Grundschuld kann übernommen werden, muss dafür aber notariell übertragen werden. Ein Anspruch auf Kreditübernahme besteht nicht, kann aber eine attraktive Lösung sein.

Haus behalten und vermieten

Ein Umzug muss nicht zwangsläufig den Verkauf Ihrer Immobilie bedeuten. Ist ein Verkauf derzeit nicht sinnvoll, kann die Vermietung eine Alternative sein. Mit den Mieteinnahmen können Sie Ihre Kreditraten weiter bedienen, ohne den bestehenden Darlehensvertrag zu ändern. Eventuelle Vertragsänderungen gehen jedoch zu Ihren Lasten. 

Kreditablösung kann sich trotz Vorfälligkeitsentschädigung lohnen

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist zwar eine Hürde, aber sie ist überschaubar. Gerade bei langen Laufzeiten, hohen Zinssätzen oder mehreren Krediten können Sie durch eine Ablösung oder Umschuldung mehr sparen, als Sie zahlen.

Pascal Schichtel

Mit journalistischem Spürsinn zum Immobilienexperten: Als ehemaliger Sportredakteur bringt Pascal Schichtel eine besondere Perspektive in die Immobilienbranche. Seit der Gründung von Schichtel & Partner Immobilien verbindet er seine kommunikativen Fähigkeiten mit fundiertem Fachwissen als zertifizierter Immobilienmakler. Den Bremer Immobilienmarkt nennt Pascal sein zweites Zuhause.

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